SZ, DFG und die Wut-Verleger

Wenn eines der Lieblingsblätter der links-konservativ Aufgeklärten im „Bauer sucht Frau“-Jargon titelt: „Wut-Wissenschaftler attackieren Bürokratie-Wahnsinn“ (Chapeau, Herr Bisky!), dann – das muss ich eingestehen – werde ich schwach und lese einen Artikel der Süddeutschen Zeitung SZ, deren Sattheit mir sonst partout nicht liegt. Und ich werde nicht enttäuscht: Reuß, Jochum und Co. blasen zum Frontalangriff gegen die Deutsche Forschungsgemeinschaft DFG.  Vorab: Man kann an der DFG bestimmt Kritik üben. Unbestritten ist sicher, dass man über den Expertenstatus mancher (und wenn man mag prinzipiell aller) Gutachter streiten kann und dass ein Bewertungsverfahren immer sozialen Verzerrungen unterworfen ist. Dazu gibt es ausreichend empirische Evidenz und man kann vermutlich eine Vielzahl der Kritikpunkte an der Begutachtung wissenschaftlicher Texte (Intransparenz, Netzwerkbildung, Tendenz zur Bevorzugung von Einreichungen aus anerkannten Einrichtungen, Tendenz zum wissenschaftlichen Konservatismus, etc. etc.) auch auf die Begutachtung von Anträgen auf Forschungsförderung ausweiten. Die Ursachen dieser Verzerrungen sind vielfältig und können meiner Meinung nach vom Streben nach Sicherheit bis hin zur Cliquenbildung reichen – sie sind der menschlichen Natur geschuldet und entfalten sich ungehindert im Schutz der Intransparenz des Begutachtungsprozesses. Hier gäbe es durchaus transparente und diskursive Alternativen, die von anderen Forschungsförderern auch erfolgreich praktiziert werden (dazu bald an anderer Stelle mehr) und die ich als sehr erfreulich erachte. Aber anstatt zu diskutieren, wie man den Begutachtungsprozess von Forschungsanträgen transparenter und effizienter gestalten könnte (die Überschrift „Gutachter arbeiten anonym“ lockt zwar, im Text findet sich aber nicht eine Silbe zum Thema), gibt die SZ blindwütigen Kritikern Platz zur DFG-Schelte – ohne zu merken, dass diese sich aufführen wie eifersüchtige Verliebte, frustriert, weil die Umworbene sich ganz gut mit Anderen versteht – zum Beispiel mit Open Access. Übrigens: Von fünf Akteuren der Podiumsdiskussion, auf die die SZ referiert, waren nur zwei Wissenschaftler, dazu kamen ein Bibliothekar und zwei Verleger, die sich mit Open Access schwer tun. Herr Bisky hatte ebenso gut wie die Wut-Wissenschaftler die Wut-Verleger zum Aufhänger machen können und hätte damit die Kritisierenden wohl treffender beschrieben.