Social Media Impact

Überlegungen zum Social Media ImpactnnDas wissen wir alle: Der Impact wissenschaftlicher Publikationen entscheidet über ihre wahrgenommene Relevanz und die Karrieren der publizierenden Autoren. Ebenso bekannt ist, dass der Impact (oder die Wirkung) von Publikationen durch Zitationshäufigkeiten zu bestimmen versucht wird. Der verkürzte Schluss lautet: Je häufiger ein wissenschaftlicher Artikel oder ein Autor zitiert wird, desto größer sind seine Wirkung und seine Qualität. Wenn Wissenschaftler sich heute verstärkt mit Social Media Angeboten auf dem Laufenden halten und Blogs, Twitter und ähnliche Services Journals als Informationsquellen ergänzen (s. Andersons Posting in der ScholarlyKichten) stellt sich die Frage, welchen Impact Social Media Publikationen haben oder verleihen.nnMeiner Ansicht nach hat Social Media Impact zumindest zwei Facetten:nn

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  1. Den eigenen Impact von Social Media Beiträgen: Verfügen diese, als nicht-formelle Publikationen außerhalb anerkannter Organe (Journals, Konferenzbände, Monographien, etc.), über einen unter Wissenschaftlern anerkannten Impact?
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  3. Die Credit Funktion von Social Media Beiträgen: Verleihen Erwähnungen, Besprechungen und Verlinkungen formaler Verlagspublikationen in Social Media Services diesen Publikationen einen eigenen Impact fernab der Zitationen in anderen Journals? Falls ja: Wie korreliert der Social Media Impact mit dem Citation Impact?
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nnWas die erste Frage angeht dürfte unbestritten sein, dass Publikationen in Social Media Services Impact haben. Allerdings wird dieser von kanonisierten Verfahren wie Zitationsindizes nicht erfasst. Eine direkte Impactmessung dieser Beiträge wäre etwa unter Anwendung von Webometrics-Techniken möglich, sprich: Durch Analyse von Verlinkungshäufigkeiten und -mustern. Da diese wiederum bislang faktisch eher experimenteller Art sind und in akademischen Bewertungsverfahren nicht berücksichtigt werden, verschaffen Social Media Beiträge ihren Schöpfern keine unmittelbare wissenschaftliche Gratifikation. Zudem dürften nicht wenige Personen solchen Beiträgen wissenschaftlichen Charakter absprechen, da sie vor ihrer Publikation keinem Begutachtungsverfahren unterzogen wurden. Zumindest Blog-Artikel erlauben oft eine Art Post-Publication-Review durch Kommentare. Ingesamt dürfte es wenig zweifelhaft sein, dass gute Blog-Artikel die Reputation wissenschaftlicher Autoren steigern.nnFrage zwei befasst sich damit, inwieweit Social Media Angebote den Impact formal publizerter Informationen messen können: Sei es konkruent mit den Ergebnissen anderer, etablierter Verfahren der Impact-Messung oder mit Ergebnissen, die den Resultaten dieser Verfahren widersprechen. Letzteres wiese darauf hin, dass beide verschiedene Arten oder Dimensionen von Wirkung messen. Stöbert man durch’s Netz findet man mit Suchanfragen über Social Media und Impact vorwiegend Seiten, die davon berichten, wie man Social Media für Produkt- und Politikmarketing sowie SEO-Kampagnen nutzen kann. Nich ganz das, was ich suchte – andererseits haben Besprechungen und Verlinkungen wissenschaftlicher Publikationen in Blogs oder aus Twitter wohl mehr mit Marketing und SEO gemeinsam, als man im ersten Moment vermuten würde. Und selbstredend findet man online auch Informationen darüber, wie wissenschaftliche Einrichtungen Social Media für Marketingzwecke nutzen können.nnWas bleibt also außer individuellem und organisatorischem Reputionsgewinn oder Reputationsmanagement? Einige mir bekannte Ideen und Befunde können skizzieren, wie man Social Media Effekte auf die Wissenschaftskommunikation erforschen könnte. Interessant sind vor allem Ansätze, die zu beschreiben versuchen wie diese Medien wissenschaftliche Kommunikation beinflussen und wie sie (oder aus ihnen gewonnene Daten) etablierte Verfahren der Wirkungsmessung ergänzen können. Meine obligatorische Kritik am Journal Impact Factor erspare ich mir hier und verweise an ihre Dokumentation an anderer Stelle und auf Jason Priems altmetrics.org. In seinem 2010 erschienen Artikel Scientometrics 2.0 macht besagter Priem unter anderem Social Bookmarking Dienste, Reference Manager, Empfehlungsdienste (basierend auf Nutzer-Votings), Kommentare, Microblogging, Social Networks, Videoportale und Daten-Archive als Datenquellen für szientometrische Auswertungen aus. Verweise auf konkrete Befunde finden sich in dem Artikel wenige, Priem beschreibt dort Szenarien. Der im Webometrics-Umfeld einschlägig bekannte Mike Thelwall verweist in seinem Artikel Bibliometrics to Webometrics auf eine Untersuchung von Gamon et al., wonach Buchrezensionen in Blogs die Verkaufsabsätze der Werke nur unzureichend vorhersagen konnten. Johan Bollen (in diesem Kontext unvermeidlich) und seine Kollegen konnten in einer Studie nachweisen, dass Rankings basierend auf soziometrischen Auswertungen der Nutzungsmuster wissenschaftlicher elektronischer Dokumente eine höhere Übereinstimmung mit der durch Wissenschaftler wahrgenommenen Qualität von Journals haben als der Journal Impact Factor. Übrigens fanden Bollen und (andere) Kollegen 2010 ebenfalls heraus, dass Twitter-Messages sich dazu eignen könnten Kursentwicklungen an der Börse vorherzusagen.nnZurück zu Social Media Services und der Frage, wie diese zur Impact- oder Wirkungsmessung verwendet werden können. Aus den bekannten Limitierungen des Journal Impact Factors heraus ist ein Bedarf an alternativen Metriken für viele Diskutanten gegeben. Diese Verfahren können zum Beispiel auf Basis der Nutzungshäufigkeiten und -muster wissenschaftlicher Dokumente gestaltet werden, Bollens Studien legen dies nahe. Wenn man davon ausgeht, dass Social Media relevante Informationsquellen für Wissenschaftler sind, dann sollte man über formal Verlagspublikation hinausgehen, die Datenbasis erweitern und auch Nutzungshäufigkeiten und -muster, Verlinkungshäufigkeiten und -muster von Social Media Services untereinander und bidirektional im Hinblick auf Verlagspublikationen (aus Social Media Angeboten in Journals und andere formale Publikationen hinein und dort heraus in Social MedieaAngebote hinein) auswerten. Profitieren von einem solchen Social Media Impact könnten unter anderem auch Wissenschaftler, die Datensätze Open Access bereitstellen, oder Autoren, deren Primäruntersuchungen zwar in Meta-Analysen eingehen, dort allerdings nicht als Zitate indexiert werden. Kueffer et al. beklagen zurecht: „Currently, however, empirical studies that are integrated into meta-analyses are often not cited in the main article owing to restrictive journal policies limiting the space available for references, and are often listed instead in an electronic appendix.“ Beide Gruppen werden in den klassischen Zitationsdatenbanken nicht mit Zitationen gewürdigt, Social Media Impact oder Usage Impact könnte ihnen den verdienten Credit verleihen.nn nnLinks & LiteraturnnAnderson, Kent (2008). Scientists use Social Media. URL: http://scholarlykitchen.sspnet.org/2008/08/14/scientists-use-social-media/nnBollen, J., Van De Sompel, H., Hagberg, A., & Chute, R. (2009). A principal component analysis of 39 scientific impact measures. PloS one, 4(6), e6022. doi:10.1371/journal.pone.0006022, URL: http://www.plosone.org/article/info:doi/10.1371/journal.pone.0006022nnBollen, J., Mao, H., & Zeng, X. (2011). Twitter mood predicts the stock market. Journal of Computational Science, 2(1), 1-8. doi:10.1016/j.jocs.2010.12.007, URL: http://linkinghub.elsevier.com/retrieve/pii/S187775031100007X, alternativ Open Access in arxiv: http://arxiv.org/abs/1010.3003nnGamon, M., Aue, A., Corston-oliver, S., & Ringger, E. (2005). Pulse : Mining Customer Opinions from Free Text. Lecture Notes in Computer Science, (3646), URL: https://link.springer.com/chapter/10.1007/11552253_12nnKueffer, C., Niinemets, U., Drenovsky, R. E., Kattge, J., Milberg, P., Poorter, H., Reich, P. B., et al. (2011). Fame, glory and neglect in meta-analyses. Trends in ecology & evolution. doi:10.1016/j.tree.2011.07.007, URL: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/21840081nnPriem, J., & Hemminger, B. (2010). Scientometrics 2.0: Toward new metrics of scholarly impact on the social Web. First Monday, 15(7), URL http://firstmonday.org/htbin/cgiwrap/bin/ojs/index.php/fm/article/view/2874/2570nnThelwall, M. (2008). Bibliometrics to webometrics. Journal of Information Science, 34(4), 605-621. doi:10.1177/0165551507087238, URL: http://jis.sagepub.com/cgi/doi/10.1177/0165551507087238, alternativ Open Access als Preprint: http://www.scit.wlv.ac.uk/~cm1993/papers/JIS-0642-v4-Bibliometrics-to-Webometrics.pdfnn nn nn nn