Cambridge Journals, die Zeitschriftensparte der Cambridge University Press, kündigt ein neues Geschäftsmodell an: Mittels Article Rent können Nutzer, deren Einrichtung keinen Zugriff auf Artikel des Verlags haben, einen zum vollen Pay-Per-View (inkl. Dokumentdownload) vergünstigten Zugang zu wissenschaftlichen Texten erhalten. Dieser ist im Vergleich zum konventionellen Kauf eines Artikels (als full article ownership bezeichnet) günstiger: Für £3.99 ist es den Nutzern erlaubt einen Artikel innerhalb von 24 Stunden so oft sie mögen online zu lesen. Laut Engineering and Physical Science Research Council (EPSRC) liegt dieser Preis bis zu 86% unter dem Entgelt für den konventionellen Dokumentdownload. Der Zugriff erlaubt allerdings nur das reine Lesen des Artikels: Download, Ausdruck oder Kopieren von Inhalten sind nicht möglich.nnLeider wendet dieses Modell das Geschäfts- und Verbreitungsmodelle papierner Information an und behandelt elektronische Information wie gedruckte, deren Vervielfältigung und Verbreitung kostenbehaftet ist. Zudem ignoriert es alle Vorzüge elektronischen Publizierens: z.B. Textmining, Volltextanalyse, ortsungebundenes Arbeiten und (dem Geschäftsmodell selbstverständlich widersprechend) interaktive Verlinkung. Und leider wirft es uns auf gewisse Art zurück ins Zeitalter vor Aufkommen des Buchdrucks: Wer einen wissenschaftlichen Artikel, für dessen Erstellung die öffentliche Hand zumeist ja gezahlt hat, über Article Rent bezieht und seinen Inhalt dauerhaft nutzen will, muss wohl wie ein Kopist eines mittelalterlichen Klosters den Text abtippen – oder eben per Screenshot kopieren – weil Cambridge Journals den immateriellen Inhalt über ein Medium verknappt. Und das stört am Begriff der full article ownership am meisten: Der immaterielle Inhalt, die wissenschaftliche Idee, sollte Teil der wissenschaftlichen Allmende sein, nur der Träger, die PDF, wirklich dem Verlag gehören. Es ist, und das meine ja nicht nur ich, Zeit zu diskutieren, inwiefern es geistiges Eigentum im Sinn einer besitzbaren (oder verleihbaren) Entität gibt.
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