Vergangene Woche begann das Social Network für Wissenschaftler ResearchGate mit der schrittweisen Freigabe einer eigenen Metrik zur Bestimmung der wissenschaftlichen Wirkung eines Forschers. Klassischerweise wird der Journal Impact Factor (JIF) genutzt, um wissenschaftliche Reichweite und Bedeutung zu beschreiben. Allerdings handelt es sich beim JIF um eine sehr umstrittene Metrik: Sie wird aus Zitationsraten wissenschaftlicher Journale ermittelt wird und kann so, wenn überhaupt, die Wirkung dieser Zeitschriften in der Wissenschaftskommunikation erfassen. Aufgrund seiner Methodik ist der JIF allerdings ungeeignet die wissenschaftliche Reputation eines Forschers zu beschreiben. Der RG Score, die neue Metrik des 2 Millionen User zählenden Forscher-Facebooks, wählt einen umfassenderen Ansatz und konstruiert ein facettentenreicheres Modell des wissenschaftlichen Impacts einer einzelnen Person. Er bezieht alle erdenklichen Beiträge und Interaktionen innerhalb des Social Networks mit ein, um die wissenschaftliche Reputation eines Forschers zu bestimmen. Ausgewertet werden alle Aktionen, die User im Netzwerk ausüben können, wie das Stellen oder Beantworten von Fragen, sowie alle nur möglichen Interaktionen mit Items, die Wissenschaftler in ResearchGate verwalten können, wie etwa Rohdaten, Grafiken, Publikationen oder Resultate: Jedes Bookmarking eines Datensatzes oder einer Publikation, jedes Drücken des „Vote“-Button, jedes Teilen oder Followen im internen Microblogging erhöht den Score des ursprünglich publizierenden oder teilenden Forschers. Die Höhe der erworbenen Reputation hängt dabei von der bestehenden Reputation des bewertenden, bookmarkenden oder folgenden Forschers ab. Jeder Nutzer kann im eigenen Profil prüfen, wie sich der RG Score durch bestimmte Interaktionen, wie etwa durch Fragen und Antworten in Foren oder die Bewertung von Publikationen, verändert. Um Manipulationen und Missbrauch zu vermeiden, werden weder die exakte Gewichtung einzelner Komponenten, noch die Formel des Scores als Ganzes von ResearchGate öffentlich gemacht.
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Ziel ist es für alle Schritte des Forschungsprozesses eine Gratifikationsmöglichkeit zu schaffen, um über diese Reputation zuweisen und erwerben zu können. ResearchGate Mitbegründer und CEO Dr. Ijad Madisch beschreibt den RG Score als interaktives Bewertungssystem: „Es spiegelt die Meinungen der Menschen wider, auf die es ankommt: die der Wissenschaftler selbst”. Die Metrik soll, anders als der JIF, den Stellenwert eines Forschers innerhalb seiner Community beschreiben und könnte perspektivisch vielfältige Verwendung finden. So könnte er als Entscheidungshilfe bei der etwaigen Förderungen von beantragten Drittmittelprojekten dienen oder Berufungsentscheidungen beeinflussen. Madisch beschreibt den RG Score, im Gegensatz zum JIF, als Impact Metrik für das digitale Forschungszeitalter: „Das etablierte Journal System hat sehr viel für Qualität und Verbreitung von Forschungsergebnissen getan. Es ist in seiner Struktur aber nicht geeignet das massive Potenzial digitaler Medien für die Forschung zu nutzen. Wir wollen mit dem RG Score eine Erweiterung des bestehenden Systems schaffen und es Forschern ermöglichen alle Resultate – ob positiv oder negativ, ob Rohdaten oder Troubleshooting Communications – zu publizieren, transparent Feedback zu geben und dies in einer vergleichbaren Metrik zu evaluieren.“
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Neben dem Score gibt ResearchGate peu à peu einen weiteren Relevanzindikator frei: Hinter den Traffic Stats verbergen sich Statistiken, die Aufschluss über die Häufigkeit geben, mit der Forscherprofile und Publikationen aufgerufen wurden sowie Publikationen und Daten heruntergeladen wurden.
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