
Letzte Woche bin ich auf eine Analyse gestoßen, die ich im Winter 2019 durchgeführt habe und deren Ergebnisse ich hier gerne teilen möchte. Ziel meiner Studie war es, herauszufinden, welche Tätigkeitsbereiche oder Dienstleistungen in einer bibliothekswissenschaftlichen Fachpublikation aus dem deutschsprachigen Raum thematisiert werden.
Corpus
Da ich Entwicklungen aufzeigen wollte, habe ich Zeitscheiben von 2007 bis 2009 und 2017 bis 2019 gewählt, um Veränderungen in den beruflichen Anforderungen an Bibliothekare identifizieren zu können. Da es z.B. zwischen 2007 und 2009 keine bibliothekswissenschaftliche Zeitschrift gab, die a) Open Access publiziert wurde und b) sich regelmäßig mit Fragen der beruflichen Anforderungen beschäftigte, wählte ich die Zeitschrift Der Bibliotheksdienst für meine Studie aus und analysierte Titel, Abstract und Keywords von Publikationen mithilfe von Rapidminer, um eine TDM-Analyse durchzuführen. Es wurden jedoch nur Texte in die Analyse einbezogen, die einen Bezug zu bibliothekarischen Tätigkeiten haben – diese Vorauswahl habe ich intellektuell getroffen. Von den Artikeln, die zwischen 2007 und 2009 in Der Bibliotheksdienst erschienen sind, wurden 43 in die Analyse aufgenommen, von denen, die zwischen 2017 und 2019 erschienen sind, wurden 39 aufgenommen.
Ergebnisse
Für Veröffentlichungen von 2007 bis 2009 und 2007 bis 2017 zeigt die folgende Tabelle jeweils die fünf am häufigsten genannten Tätigkeitsbereiche, einschließlich der Anzahl der Erwähnungen und der Anzahl der Artikel, in denen diese Tätigkeitsbereiche erwähnt wurden.
Position | 2007-2009 | Erwähnungen | 2017-2019 | Erwähnungen | |
Tätigkeitsbereich | Tätigkeitsbereich | ||||
1 | Informationskompetenz | 213/20 | Open Access | 98/15 | |
2 | Informationsversorgung | 149/21 | Forschungsdaten | 91/17 | |
3 | Erschließung | 101/15 | ORCID | 42/3 | |
4 | Open Access | 58/7 | Fachinformationsdienst | 40/7 | |
5 | Virtuelle Fachbibliothek | 35/3 | Open Science | 34/9 |
Interpretation: von Informationskompetenz zu Publikationskompetenz?
Während es in den Jahren 2007 bis 2009 mit der „Informationskompetenz“ einen klaren Spitzenreiter gab (213 Nennungen), verteilten sich Erwähnungen der führenden Begriffe 2017 bis 2019 gleichmäßiger. Allerdings relativiert sich dies, wenn man die Nennungen von „Open Science“, „Forschungsdaten“ und „Open Science“ unter „Open Science“ insgesamt subsumiert (223). Interessanterweise findet sich nur einer der am häufigsten genannten Begriffe der Jahre 2007 bis 2009 auch zehn Jahre später: „Open Access“. Die Auswertungsergebnisse spiegeln den Wandel von Bibliotheken von medienbeschaffenden, erschließenden und bereitstellenden Institutionen zu Medien publizierenden und finanzierenden, Forschungsprozesse unterstützenden und Wissenschaftler*innen beratenden Organisationen wider – ohne die althergebrachten Funktionen aufgeben zu können.
Die Auswertung zeigt ebenso auf, dass wissenschaftliche Bibliotheken nicht nur Dienstleistungen zur Informationskompetenz anbieten müssen, sondern vielmehr auch zur Publikationskompetenz von Texten, Daten und Forschungsergebnissen generell, denn bis auf die „Fachinformationsdienste“ sind alle der in den Jahren 2017 bis 2019 am häufigsten genannten Begriffe dem Publizieren oder dessen Kontext zuzurechnen.
Abschließend noch ein Lesetipp, 2020 erschien der folgende, höchst interessante Band (auch Open Access) zur Publikationsberatung:
Lackner, K., Schilhan, L., & Kaier, C. (2020). Publikationsberatung an Universitäten Ein Praxisleitfaden zum Aufbau publikationsunterstützender Services.
transcript, https://www.transcript-verlag.de/978-3-8376-5072-3/publikationsberatung-an-universitaeten/
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